“Das Glas ist halbvoll” — mit diesem Ausdruck will der Sprecher üblicherweise zum Ausdruck bringen, dass er positiv denkt und in einer Situation der Ungewissheit eher Chancen als Risiken entdeckt. Genau das tut Stephan Scherzer, der Online-Chef des weltweit größten Technik-Verlags IDG. Als Deutscher war Scherzer aus amerikanischer Sicht nicht zwingend prädestiniert, einen Verlag mit Printtradition in das Digitale Zeitalter zu überführen — Deutsche gelten im Thema Internet eher als Nachzügler. Innerhalb kurzer Zeit gelang es ihm jedoch, seine Kollegen zu überzeugen: Heute hat der Gesprächspartner den Eindruck, mit einem akzentfrei Deutsch sprechenden Amerikaner zu reden.
Rund 50 Prozent seines Umsatzes erzielt IDG heute im Internet. Damit liegt der Verlag im weltweiten Vergleich an der Spitze. Darauf ausruhen will Stephan Scherzer sich nicht: die richtige Vergleichsgrösse seien nicht andere Verlage, sondern schnelle, wendige Start-ups: kleine, gut vernetzte Teams mit unternehmerisch denkenden Gründern bestimmen die Zukunft auch großer Verlage. IDG setzt daher auf “Agiles Management”: Ideen und Projekte schnell auf den Markt bringen und gemeinsam mit den Nutzern iterativ weiterentwickeln. Funktioniert etwas nicht, lässt man es sein und wendet sich Neuem zu. Scherzer vergleicht dieses Vorgehen mit dem Hausbau: In Deutschland bestehen Häuser aus Stein, sind schwer und teuer. In den USA werden Holzhäuser schnell und leicht gebaut, oft ge- und wieder verkauft.
Um hinsichtlich technologischer Innovation ständig up-to-date zu sein, setzt Scherzer auf die Zusammenarbeit mit Studenten aus Stanford und anderen Universitäten. Auch Start-ups stellen sich und ihre Ideen regelmäßig in der 2nd Street in San Francisco vor — dabei achtet der Online-Manager hauptsächlich auf die Menschen und darauf, wie sie Probleme lösen. Ständiges Lernen von den Schnellen, Innovativen und die Bereitschaft zur stetigen Veränderung — das ist für Stephan Scherzer die Basis einer erfolgreichen Verlagsgeschäftsführung.