Bei der Lektüre der Berichte zum Tode des Anthropologen Claude Lévy-Strauss hat mich ein Gedanke besonders gefesselt: Könnte es sein, dass das Internet dafür sorgt, dass die Entwicklung der Menschheit nicht gefördert, sondern im Gegenteil verlangsamt wird oder sogar aufhört und dem Menschen bei seiner Verkümmerung behilflich ist?
Ist es denkbar, dass durch die zunehmende Transparenz des Wissens, der Meinungen und der Aktivitäten der Teilnehmer des Netzes gerade die für eine biologische und kulturelle Entwicklung notwendigen Unterschiede individueller, abgekapselter Gruppen verlorengehen?
Henning Ritter schreibt dazu:
Die fortschreitende Verschmelzung der Populationen bezeichne das Ende einer Welt, die über Hunderttausende von Jahren die Welt von Menschen in kleinen, voneinander getrennten Gruppen war, die sich biologisch und kulturell verschieden entwickelten. Nachdem die damit gesetzten Schranken beseitigt wurden, seien auch die Möglichkeiten verschwunden, neue genetische Kombinationen und kulturelle Experimente auf den Weg zu bringen.
Der Kampf gegen alle Formen der Diskriminierung hat, unabhängig von seiner moralischen Bedeutung, an derselben Bewegung zur Weltkultur teil, die die alten Partikularismen zerstört. Diese hatten jene ästhetischen und geistigen Werte geschaffen, die dem Leben seinen Wert verleihen und deren Spuren in Bibliotheken und Museen aufbewahrt werden, weil wir uns immer weniger imstande fühlen, sie selbst hervorzubringen.
Das Internet, Web 2.0 und Social Media führen dazu, dass letztlich alle wissen, was irgendwo passiert und was irgendwer macht. Individuelle — von anderen unbemerkte — Entwicklungen sind nicht mehr möglich. Genau diese Entwicklungen sind jedoch die notwendige Bedingung für eine gesamtheitliche kulturelle und biologische Entwicklung.
Ehrlich gesagt, bin ich nach der Lektüre etwas erschrocken. Denn: die Transparenz und die ubiquitäre Zurverfügungstellung des Wissens mittels Internet und insbesondere durch die Teilnahme der Menschen in Web 2.0 und Social Media haben mich bisher ausnahmslos und vollends begeistert. Bis gestern. Nun mache ich mir Gedanken, ob die “Traurigen Tropen” wie oben beschrieben verstanden werden können. Auf eine simplere Ebene gebracht, könnte dieser Zustand des Endes der Entwicklung auch Clusterfuck genant werden.
Das tribale Internet
Michael Reuter stellt in seinem Blog anlsslich des Todes von Claude Lévi-Strauss die wichtige Frage:
Ist es denkbar, dass durch die zunehmende Transparenz des Wissens, der Meinungen und der Aktivitten der Teilnehmer des Netzes gerade die …