Auf dem sehr gut in der Zeppelin University organisierten Barcamp Bodensee am letzten Wochenende, konnte ich mit einigen Studenten, Bloggern und Unternehmensgründern darüber diskutieren, wie im Web 2.0 Geld verdient werden kann.
Diese Frage polarisiert die Internetszene: es gibt darauf zahlreiche Antworten, die von “Ein Blogger bloggt nicht, um Geld zu verdienen” bzw. “Blogger, die mit ihren Beiträgen Geld verdienen, sind PR-Manager” bis hin zu existierenden Angeboten wie Adical oder Trigami, die ihren Mitgliedern — meist einzelnen Bloggern — genau das versprechen, nämlich Geld zu verdienen.
Anders als in den USA, der Heimat von Huffington’s Post, Engadget, Techrunch und anderer für deutsche Verhältnisse riesengrosser Blogs, dümpeln wir in Deutschland in einem allein aufgrund durch die Sprache stark eingeengten Internetmarkt herum. Dies bekommt jedes Start-Up zu spüren, wenn es seine aktuellen und zukünftige Nutzer kalkuliert. Und nicht nur die blanken Nutzerzahlen sind im Vergleich mit den USA spartanisch — hinzukommen kulturelle Unterschiede im Nutzerverhalten: So fragen sich beispielsweise deutsche Internetnutzer zunächst, wofür sie Dienste wie twitter überhaupt benötigen, während sich der amerikanische Nutzer längst registriert und erste Erfahrungen damit gesammelt hat. Während also in den USA jede einigermassen lauffähige Applikation direkt auf mehrere Hunderttausende Nutzer kommt, ernährt sich das deutsche Eichhörnchen mühsam und zählt die Visitors an ein paar Händen ab.
Und deshalb ist das auch nicht so einfach, mit dem Geld verdienen. Heisst das, Hände in den Schoss legen und über die armseligen Verhältnisse klagen? Nein, meiner Ansicht gibt es neben der Option, ins Silicon Valley zu ziehen und dort sein Glück zu versuchen, auch andere Wege, die Ärmel hochzukrempeln und in Deutschland mit dem Web 2.0 Geld zu verdienen: Zunächst halten wir fest, welche grundsätzlichen Geschäftsmodelle sich bisher als funktionierend erwiesen haben:
1. Werbung und gelegentlich auch
2. Premium Services.
Natürlich kann man auch eCommerce betreiben, und es gibt auch einige Anbieter, die Web 2.0 extrem gut als Marketingkanal einsetzen (z.B. mymuesli), aber der Verkauf von Waren und Dienstleistungen soll hier aussen vor bleiben.
Premium Services haben schon viele angeboten, aber nur die allerwenigsten sind damit erfolgreich. Als einer der wenigen Anbieter, die mit Premium Services Geld verdienen, gilt Xing, die seit Anfang dieses Jahres zusätzlich auch auf Werbeeinnahmen setzen.
Werbung bindet dagegen fast jeder Website-Betreiber auf seinen Seiten ein. Hier können wir grob zwischen nutzungsbasierten Werbeformen (Display Ads: Banner etc. — Werbeerlöse abhängig von erzeugten Page Impressions) und performancebasierten Werbeformen (Google Adsense etc. — Werbeerlöse abhängig von erzeugten Klicks auf Werbung) unterscheiden. Obwohl die Werbeformen grundsätzlich unterschiedlich abgerechnet werden, ist aus Sicht des Werbetreibenden am Ende des Tages der Werbeerfolg entscheidend — und daher spielen auch bei Display Advertising die Klicks (bzw. die Click-through-Rate CTR) auf die Banner eine Rolle. Nur wenn sich die CTR in einer sinnvollen Höhe bewegt, werden Werbetreibende die PI-basierte Kampagne weiter schalten.
Neben der Anzahl der Klicks spielt für den Werbetreibenden die Erreichbarkeit bestimmter Zielgruppen eine grosse Rolle. Hersteller bestimmter Produkte wollen mit hoher Zielgenauigkeit die potentiellen Nutzer dieser Produkte ansprechen. Je genauer ein Websitebetreiber solche Zielgruppen zur Ansprache anbieten kann, desto höher wird der Preis sein, den er für eine Bannerplatzierung verlangen kann. Die momentan höchste Zielgruppengenauigkeit erreicht Google mit seinen Adsense Anzeigen, da nur Google in der Lage ist, eine sehr hohe Kontextaffinität z erzeugen — m.a.W.: die Werbung passt zum Content. Alle — und es gibt hier m.E. keine Ausnahme — alle anderen Vermarkter sind nicht in der Lage, eine Kontextaffinität anzubieten.
Und genau das ist das Problem von Web 2.0: gerade im Web 2.0 gibt es grundsätzlich die Möglichkeit, jeden Nutzer bei genau dem anzutreffen, was den Werbetreibenden interessiert, bei seinen Hobbies, seinem Beruf, etc.. Aber: jedes einzelne Blog ist deutlich zu klein, um an einer Vermarktung teilzunehmen, da die Online-Vermarkte insbesondere wegen ihrer Unfähigkeit zur Ansprache eng umfasster Zielgruppen hohe Reichweiten benötigen; d.h. mehrere Millionen PI, unterhalb derer an eine Vermarktung nicht zu denken ist. Von einem Netzwerk wie es Google im Textbereich hat und mit Doublecklick demnächst auch im Display Bereich anbieten wird, sind alle anderen meilenweit entfernt.
Zusammengefasst:
1. In Deutschland ist der Markt klein.
2. Jeder einzelne Websitebetreiber ist zu klein.
3. Die Vermarkter “können nur gross”.
Das heisst für mich: viele Kleine müssen sich zusammentun, Content aggregieren, ausreichend grosse homogene Zielgruppen bilden und geschlossen gegenüber Vermarktern auftreten. Gemeinsam können kritische Grössen für die Online-Vermarktung erreicht werden; d.h. jeder Einzelne kann an Verdienstmöglichkeiten partizipieren, die bis dato für ihn verschlossen waren.
In den USA wird diese Strategie von einigen Unternehmen bereits gefahren — mit grossem Erfolg. Worauf warten wir also? Sollte in meiner Überlegung keine elementaren Denkfehler enthalten sein, sollten wir aktiv werden!
Mit YiGG und unserem neuen Programm YiGGSense sind wir einen ersten Schritt gegangen und beteiligen unsere YiGG Nutzer an Google Adsense Werbeerlösen. Bei Erfolg dieses Partnermodells wollen wir weitere Partizipationsmöglichkeiten für unsere Nutzer schaffen, um einerseits insgesamt stark zu wachsen und andererseits allen Nutzern die Möglichkeit zum Geld verdienen zu geben, die ansonsten verschlossen bleiben würden.
Das Thema ist sehr spannend — und sehr gern würde ich mit Interessierten weiter darüber diskutieren und das Gespräch vom Barcamp Bodensee fortsetzen. Daher freue ich mich auf Feedback!
Zwar habe ich das Barcamp Bodensee nur aus der Ferne erlebt, mit viel Spaß und Interesse.
Es ist gut, dass sich Einige Gedanken in diese Richtung machen. Ute mit 125×125 geht ja auch in die Kategorie Blogvermarktung.
Größe und Community können hier sicher etwas bewegen! Die Qualität spielt sicher auch eine beachtenswerte Rolle.
An einem Gedankenaustausch bin ich interessiert und natürlich auch an der praktischen Umsetzung.
Danke für diese schöne Zusammenfassung des Themas. Ich habe auch schon nicht ausschliesslich positive Erfahrungen mit Vermarktern gemacht, aber man kommt eben nicht um sie herum, wenn man sich nicht selbst um Werbekunden kümmern will. Kannst Du von denen einen empfehlen?
Martin,
seit einigen Jahren habe ich ebenfalls Erfahrungen mit Online-Vermarktern sammeln dürfen. Richtig begeistert war ich von den drei Anbietern, die ich persönlich kennenlernen durfte, nicht. Daher denke ich, dass ganz einfach die Erwartungen an Vermarkter zu hoch sind.
Solange kein Vermarkter (ausser Google) über eine Kontextsensitivität verfügt, wirst Du keine besonders hohen CTRs erzielen. Daher rate ich dazu, mit einigen Vermarktern zu sprechen und letztlich denjenigen auszuwählen, der zum einen das beste Portfolio (Sites mit ähnlichen Zielgruppen wie die Deinige) anbietet und mit dessen Managern Du am besten auskommst.
…viele Kleine müssen sich zusammentun, Content aggregieren, ausreichend grosse homogene Zielgruppen bilden und geschlossen gegenüber Vermarktern auftreten…
Und genau hier sehe ich die stärken von Seiten wie Typeer.de, hier kann jeder bloggen, schreiben und im Prinzip machen was er will. Sogar FAQs könnte ich mir vorstellen…