Michael Reuter stellt sich in seinem Blogeintrag zum Tod von Claude Lévy-Strauss die Frage, ob das Internet die Entwicklung der Menschheit nicht fördert, sondern im Gegenteil verlangsamt wird oder sogar dem Menschen bei seiner Verkümmerung behilflich ist?
Ist es denkbar, dass durch die zunehmende Transparenz des Wissens, der Meinungen und der Aktivitäten der Teilnehmer des Netzes gerade die für eine biologische und kulturelle Entwicklung notwendigen Unterschiede individueller, abgekapselter Gruppen verlorengehen?
Das Internet, Web 2.0 und Social Media führen dazu, dass letztlich alle wissen, was irgendwo passiert und was irgendwer macht. Individuelle — von anderen unbemerkte — Entwicklungen sind nicht mehr möglich. Genau diese Entwicklungen sind jedoch die notwendige Bedingung für eine gesamtheitliche kulturelle und biologische Entwicklung.
Mit dieser These stößt Michael auf harten Widerstand bei Benedikt Köhler. Benedikt verfolgt den Gedanken eines tribalen Webs.
Das Internet und auch das Web 2.0 ist keine globale Monokultur. Natürlich ist es potentiell möglich, dass, wie Reuter sagt, “letztlich alle wissen, was irgendwo passiert und was irgendwer macht”. Nur bleibt diese Tatsache immer im Konjunktiv. De facto nutzen wir Plattformen wie Twitter, Facebook oder auch Blogs tendenziell eher tribalistisch als esperantistisch. Die meisten meiner Kontakte, mit denen ich täglich über Twitter kommuniziere, kommen aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Schon, wenn ich nach Italienern suche, wird es schwierig. Und dann habe ich noch gar nicht nach dem Bildungsgrad und dem räumlichen Kontext gefragt. Das weltumspannende Kommunikationsnetz funktioniert für Sensationen wie zum Beispiel Erdbeben oder politische Umstürze. Aber auch dort ist es nicht die Masse, die hier kommuniziert, sondern nur eine Élite, die sowieso relativ homogen ist. Also die berühmten “kosmopolitischen Vielflieger”.
Wir haben uns diesem Thema noch mal in der Isarrunde angenommen.